Chlamydien sind sexuell übertragbare Krankheitserreger, die offenbar lange Zeit im menschlichen Darm überleben können. Das berichten Forscherinnen und Forscher aus Würzburg und Berlin in der Zeitschrift PLOS Pathogens.
Chlamydien werden mit der Zeit immer resistenter gegen Antibiotika
Bakterien des Stammes Chlamydia trachomatis sind für eine Reihe schwerer Krankheiten beim Menschen verantwortlich. Chlamydien-Infektionen sind weltweit die häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten. Je nach Altersgruppe sind schätzungsweise bis zu zehn Prozent der Weltbevölkerung mit dem Bakterium infiziert.
Menschen, die mit Chlamydien infiziert sind, können diese Bakterien bei ungeschütztem Sex auf andere Menschen übertragen. Die Erreger verursachen zunächst meist keine oder nur leichte Symptome wie Juckreiz in der Scheide, am Penis oder am Anus. Wenn die Infektion bemerkt wird, kann sie leicht mit Antibiotika behandelt werden. Geschieht dies nicht, können die Bakterien ernsthafte Probleme verursachen, darunter Infertilität und Krebs. Unbehandelt kann eine Chlamydieninfektion bei Frauen zu einer Verstopfung der Eileiter führen, was eine Eileiterschwangerschaft oder Unfruchtbarkeit zur Folge haben kann. Neuere Erkenntnisse deuten sogar darauf hin, dass Chlamydieninfektionen Eierstockkrebs fördern. Männer können nach einer Infektion unfruchtbar werden.
Aus dem klinischen Alltag ist ein Phänomen bekannt, das nach einer erfolgreichen Antibiotikabehandlung auftreten kann: Wenn Menschen, die bereits behandelt wurden, mit einer erneuten Chlamydieninfektion zum Arzt kommen, sind sie oft mit genau denselben Bakterienstämmen infiziert wie bei der früheren Infektion.
„Die Vermutung liegt nahe, dass die Bakterien eine Nische im Körper finden, in der sie noch nicht angreifbar sind, dass sie dort ein dauerhaftes Reservoir bilden und später wieder aktiv werden können“, sagt Professor Thomas Rudel, Chlamydien-Experte und Leiter des Lehrstuhls für Mikrobiologie am Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg in Bayern, Deutschland. Dieses Phänomen wird als Persistenz bezeichnet. Es ist problematisch, weil die Chlamydien, die im Körper persistieren, mit der Zeit immer resistenter gegen Antibiotika werden.
Intestinale Organoide, die experimentell mit Chlamydien infiziert wurden
In welcher Nische persistieren die Bakterien? Experimente an Mausmodellen haben gezeigt, dass Chlamydien im Darm von Tieren überleben können. Und auch beim Menschen scheinen sich die Bakterien genau an diesem Ort niederzulassen. Das berichten die Forschergruppen von Thomas Rudel und Sina Bartfeld in der Zeitschrift PLOS Pathogens. Professorin Bartfeld war bis 2021 an der JMU tätig; sie leitet jetzt das Fachgebiet Medizinische Biotechnologie an der Technischen Universität Berlin. Die Forscher identifizierten den Darm als Nische mit Hilfe von künstlichen Organen im Miniaturformat, sogenannten Organoiden. Das sind im Labor aus menschlichen Darmzellen hergestellte Strukturen, die dem Modellorgan in Aufbau und Funktion sehr ähnlich sind.
Die Teams aus Würzburg und Berlin versuchten, die Darmorganoide mit Chlamydien zu infizieren. Dabei stellten sie fest, dass die innere Zellschicht der Organoide sehr resistent gegen die Bakterien ist: Die Erreger konnten dort nur eindringen, wenn das Zellepithel beschädigt war. Von der Blutseite her konnten die Chlamydien jedoch sehr effizient infizieren. „In diesem Fall fanden wir immer wieder die hartnäckigen Formen der Bakterien, die sich mit ihrer typischen Form unter dem Elektronenmikroskop eindeutig identifizieren lassen“, sagt JMU-Forscher Pargev Hovhannisyan, Erstautor der Veröffentlichung.
Übertragen auf den menschlichen Organismus würde dies bedeuten, dass eine Chlamydieninfektion mit anschließender Persistenz nur schwer über die Innenseite des Darms, aber sehr leicht über das Blut erfolgen kann. Ob dies im menschlichen Körper tatsächlich passiert, muss laut Rudel allerdings noch in klinischen Studien bestätigt werden. Der nächste Schritt für Thomas Rudel und Sina Bartfeld ist es, herauszufinden, ob die Chlamydien bestimmte Zelltypen für ihre Persistenz auswählen – keine leichte Aufgabe, denn der Darm besteht aus Hunderten von verschiedenen Zelltypen. Vielleicht sind es aber auch Faktoren aus dem umgebenden Gewebe, die die Persistenz auslösen. Diese und andere Details sollen nun untersucht werden.