Für viele Frauen sind die Tage vor der Menstruation von körperlichen und seelischen Beschwerden wie Bauchschmerzen, Übelkeit, Stimmungsschwankungen und Angstzuständen geprägt. Fast die Hälfte aller Frauen im gebärfähigen Alter leidet unter dem prämenstruellen Syndrom (PMS), das ihr tägliches Wohlbefinden und ihre Leistungsfähigkeit einschränkt. Frauen mit PMS leiden auch häufiger an Depressionen, Essstörungen und Migräne und haben ein höheres Suizidrisiko.
Ärzte verschreiben verschiedene Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel, um die Symptome zu lindern, von Naturheilmitteln und Magnesium bis hin zu Antidepressiva und Hormonbehandlungen. Doch nicht immer helfen diese Behandlungen, und einige von ihnen haben Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit, Übelkeit, Gewichtszunahme oder Depressionen, während Hormonbehandlungen sich oft negativ auf Patientinnen auswirken, die Kinder bekommen möchten. Daher ist es für jeden Einzelnen wichtig, abzuwägen, welche PMS-Behandlungsmethode für ihn am besten geeignet ist.
„Nichts“ kann helfen
Diese Prämisse war der Ausgangspunkt für eine Studie der Fakultät für Psychologie der Universität Basel. Das Forscherteam um Dr. Cosima Locher, Prof. Jens Gaab und Dr. Antje Frey Nascimento untersuchte in Zusammenarbeit mit Forschern der Harvard Medical School, ob offene Placebo-Präparate den Betroffenen helfen können. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift BMJ Evidence-Based Medicine veröffentlicht.
„Placebos sind gut erforscht, da sie in allen Arzneimittelstudien eingesetzt werden. Und sie haben keine Nebenwirkungen“, hebt Jens Gaab einige der Vorteile hervor. Gleichzeitig sollte der Placebo-Effekt nicht unterschätzt werden. “Unser Gehirn hat gelernt, dass etwas wirkt, wenn wir es regelmäßig einnehmen – auch wenn es keine Wirkstoffe enthält.“ Studien zeigen, dass Placebos sowohl körperliche als auch psychische Beschwerden lindern können, selbst wenn sie als offene Placebos verabreicht werden, d. h. wenn die Patienten wissen, dass sie eine Tablette ohne Wirkstoffe einnehmen. Dies wurde durch randomisierte kontrollierte Studien nachgewiesen, die sich beispielsweise auf das Reizdarmsyndrom, chronische Schmerzen und Hitzewallungen in den Wechseljahren beziehen.
Um herauszufinden, ob Open-Label-Placebos (OLPs) auch bei PMS helfen können, führten die Forscher eine Studie mit 150 Probanden im Alter zwischen 18 und 45 Jahren durch, die mäßig bis stark von PMS betroffen waren. An dieser Studie nahmen Frauen teil, die keine Psychopharmaka einnahmen. Sie wurden nach dem Zufallsprinzip in drei gleich große Studiengruppen aufgeteilt. Die Teilnehmerinnen der ersten Gruppe setzten ihre bisherigen Behandlungen fort. Die Teilnehmerinnen der beiden anderen Gruppen erhielten eine offene Placebobehandlung und konnten selbst entscheiden, ob sie ihre bisherigen Behandlungen fortsetzen wollten oder nicht. Einer der beiden Placebogruppen wurden die Placebopillen ohne zusätzliche Informationen verabreicht, während die andere Placebogruppe während eines etwa 20-minütigen Gesprächs mit den Forschern über die Gründe für die Placebobehandlung informiert wurde. Die Placebopillen sollten sechs Wochen lang zweimal täglich eingenommen werden.
Behandlung ohne Nebenwirkungen
Die Open-Label-Placebos linderten die Symptome der Teilnehmerinnen sowohl mit als auch ohne zusätzliche erklärende Informationen, aber die Wirkung war bei Frauen, die zusätzlich zum Placebo die Informationen erhielten, am größten. Bei diesen Frauen wurde die Intensität der Symptome um bis zu fast 80 Prozent reduziert. „Wir haben nicht erwartet, dass die Effekte so ausgeprägt sein würden“, sagt Studienleiterin Dr. Antje Frey Nascimento. Auch in den beiden anderen Studiengruppen ging die Symptomstärke zurück, allerdings am wenigsten bei den Frauen, die einfach ihre bisherigen Medikamente weiter einnahmen.
Die Vermittlung von Behandlungsinformationen machte also einen bedeutenden Unterschied. Die Studienleiterin erklärt dies unter anderem damit, dass sich die Frauen durch das Behandlungsgespräch ernster genommen fühlten. Das Element der zwischenmenschlichen Kommunikation zwischen dem behandelnden Arzt und der Patientin scheint daher eine wichtige Rolle zu spielen. Dies ist mit einem Gefühl der Selbstwirksamkeit verbunden: Mein Körper ist in der Lage, sich selbst zu helfen. Der Studienleiter ist der Ansicht, dass diese Interaktion zwischen Körper und Geist ein wichtiges Element bei der Behandlung mit OLPs ist.
All diese Faktoren machen Placebos zu einer sicheren, wirksamen und von den Patienten akzeptierten Intervention bei PMS, insbesondere in Kombination mit der Bereitstellung angemessener Informationen. Der einzige Haken: Placebos wurden bisher nur in der Forschung eingesetzt. Und obwohl wir nun erste Hinweise auf ihre Wirksamkeit haben, fehlen uns noch wichtige empirische Bewertungen in Bezug auf ihren Einsatz in der klinischen Praxis sowie eine klare rechtliche Grundlage. Dennoch nimmt die Forschung mit offenen Placebos zu, und Forscher in Basel sind bestrebt, weitere potenzielle Anwendungsbereiche zu erschließen.